(c) Gerlinde Marquardt
In einer dunklen Ecke demütig, holzstarr, still,
allein, vergessen fast in diesem kleinen Raum,
niemand hat je gefragt, ob er hier stehen will.
Auch nicht, als einst sein Stamm durch Axt und Säge fiel,
und jämmerlich erlosch sein Daseinswert als Baum.
Ich frag: Würd´ er sich nicht noch gern als Wesen fühlen,
schlank hochgewachsen, mit saftdurchtränktem Holz?
Mit Wurzeln, die sich durch die Erde wühlen?
Und gäbe willig Zweige frei zu Wind- und Blätterspielen
auf seiner dicht begrünten Krone, voller Stolz?
Würde er Schatten spenden wollen über Wiesen,
kühlend für Mensch und Tier zu sommerlicher Zeit?
Und jeden Tag aufs neu den Morgentau genießen,
fühlend, wie seine Blätter stets samtartig sprießen?
Doch gab sein Schicksalsband ihm anderes Geleit.
Vorbei, nutzlos, ausgehöhlt? Wallen Gedanken-Schlieren,
ich öffne seine Tür, gerührt und doch erschreckt,
weil er mir etwas sagen will? Plötzlich kann ich es spüren,
dass meine Kinderspuren – in ihm schwebend – noch pulsieren,
denn in dem Schrank hab` ich mich damals….oft versteckt.
Ich schwanke: Vor mir steht doch lediglich ein ausgedienter Schrank!
Warum bricht trotzdem in mir längst Vergess´nes auf?
Der Blick ins Kind sein, mit dem er eben mich verband,
reibt, unergründlich schmerzend, mir alle Nerven blank,
und lässt erinnernd, meiner Tränen freien Lauf.
Ich wollt` ich könnt` ihn ganz umarmend fassen,
ihm zeigen, welch Gefühl er stark in mir entfacht.
Die Kinderzeit, ließ er nicht ganz verblassen!
Ich würde gern - ihn streichelnd - wissen lassen,
wie selbst als Schrank er mich gerade unendlich glücklich macht.